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Month: September 2014
Zeitgeist in Geschichten - September 24, 2014 by Susanne Gavénis

INI_Logo_kleinUnd schon wieder habe ich mir eine Kurzgeschichten-Anthologie auf meinen Ebook-Reader heruntergeladen. Diesmal ist es eine Sammlung von unheimlichen Geschichten von Robert E. Howard, dem Erfinder des guten alten Conan. Interessanterweise hat Howard noch eine Menge mehr zu bieten als barbarische Schwertkämpfe (was ich bisher – ich muss es zugeben – eigentlich nicht gedacht habe) und sich in der Horrorliteratur-Szene zur Zeit H.P.Lovecrafts durchaus einen Namen gemacht. Allerdings geht es in seinen Gruselgeschichten gerne auch mal etwas rustikaler zur Sache, und der Held benutzt zur Bekämpfung des Bösen statt Weihwasser und Kruzifix öfter mal eine .45er oder steigt lieber gleich zu einem zünftigen Ringkampf mit Werwölfen oder dämonischen Troglodyten in die Arena. Überhaupt scheint Howard dem metaphysischen Aspekt von Gespenstergeschichten ein wenig abhold zu sein.

Das merkt man besonders an seiner Version des Kleinen Volkes aus den irischen Sagen und Legenden, die bei Howard (was ich schade finde) nicht mehr als die degenerierten Nachkommen primitiver Urzeitbewohner sind, die sich vor Jahrtausenden in finsteren Höhlen verkrochen haben und mittlerweile kaum mehr menschliche Züge besitzen. Da bleibt von der bunten Vielfalt der irischen Mythologie leider nicht mehr viel übrig – was umso bedauerlicher ist, da Howard dieses Konzept gleich in mehreren seiner Geschichten aufgreift. Trotzdem lesen sich diese Geschichten erstaunlich frisch und sind im Vergleich zu denen anderer Autoren aus dieser Zeit (um die 1930er herum) recht wenig angestaubt, wenn auch teilweise politisch nicht mehr wirklich korrekt. Wenn eine seiner Storys in Afrika spielt, kann man getrost davon ausgehen, dass irgendwann ein Aufstand der schwarzen Wilden stattfindet, die von irgendeinem dämonischen Affengott oder sonstigen Unhold gegen die weißen Siedler aufgestachelt worden sind – könnte man sicherlich in dieser Form heutzutage nicht mehr veröffentlichen, wer sich allerdings darauf einlässt und es als einen literarischen Spiegel des damaligen Zeitgeistes akzeptiert, kann trotzdem noch seinen Spaß damit haben.

Die Tücken einer Weltraumschlacht - September 11, 2014 by Susanne Gavénis

Bei meiner derzeit in Arbeit befindlichen Science-Fiction-Trilogie wurde ich schon recht früh in meiner Planungsphase mit einem kleinen Problem konfrontiert, für das ich – wollte ich mir nicht später von meinen Lesern zurecht eine allzu große Vereinfachung vorwerfen lassen – eine plausible Lösung finden musste. In der Geschichte geht es um ein Sternenreich, das sich in einem erbitterten Krieg mit einer unbekannten raumfahrenden Rasse befindet. Dieses Sternenreich versucht verzweifelt, seine kolonisierten Planeten und Sonnensysteme vor feindlichen Angriffen zu schützen. Dabei stellte sich mir die Frage, was denn diesen unbekannten Gegner davon abhalten sollte, einfach mit seiner gesamten Flotte in ein bewohntes System nach dem anderen zu springen und mit einem massierten Feuerschlag alle wichtigen Planeten der Reihe nach in Schutt und Asche zu legen.

Die Dimensionen und Entfernungen im Weltraum sind ja so gewaltig, dass in meinen Augen auch ein technisch hochzivilisiertes Volk keine Chance hätte, ganze Planeten oder Sonnensysteme effektiv verteidigen zu können, wenn die feindlichen Schiffe bis dicht an den Planeten heranspringen und sofort das Feuer eröffnen würden. Das ist ein Problem, das auch in vielen Science-Fiction-Romanen und -Filmen oft einfach ausgeblendet wird, und stillschweigend werden normale irdische Vorstellungen auf einen Kampf im Weltraum übertragen. Allerdings ist ein Sonnensystem etwas anderes als eine Burg, der man mit Belagerungsmaschinen und Infanterie zu Leibe rückt, und die Beschreibung einer Weltraumschlacht muss andere physikalische Parameter berücksichtigen, um nicht von vornherein unglaubwürdig zu sein.

Zur Lösung dieses Problems habe ich die Reisedimensionen, durch die sich ein Raumschiff bei einem interstellaren Flug bewegen muss, mit bestimmten Gesetzmäßigkeiten ausgestattet. Zum einen ist die Fortbewegung innerhalb dieser Dimensionen von der Masse des bewegten Objekts abhängig. Je größer die Masse, die zu einer bestimmten Zeit in eine Reisedimension eintritt und ein bestimmtes Ziel ansteuert, desto ungenauer wird die Berechnung des Austrittspunktes im Normalraum. Würde eine gewaltige Flotte zeitgleich mit demselben Ziel eine Reisedimension durchqueren, wäre im schlimmsten Fall nicht einmal sicher, ob sie nicht statt im Raum zwischen den Planeten des angepeilten Zielsystems im Inneren von dessen Sonne herauskäme. Das bedeutet, dass stets nur eine begrenzte Anzahl feindlicher Einheiten zugleich in die Schlacht geschickt werden kann und die Größe und Masse der einzelnen Schiffe genau kalkuliert werden muss.

Zum anderen wird die Genauigkeit eines Übergangs von einer Reisedimension zurück in den Normalraum auch von der Masse der dortigen Objekte beeinflusst. Je näher ein Raumschiff eine Reisedimension bei einem massereichen Objekt verlässt, desto mehr wird sein Austrittspunkt verzerrt. Das heißt konkret, dass eine angreifende Armada feindlicher Schiffe, die im Orbit eines bewohnten Planeten herauskommen will, um innerhalb von Sekunden den Gegner auf der Oberfläche auszuschalten, von der Masse dieses Planeten beim Wiedereintritt in den Normalraum möglicherweise direkt in den Planetenkern umgelenkt wird. Blitzschnelle Überfälle auf feindliche Planeten werden dadurch unmöglich gemacht, und jede Flotte ist gezwungen, bereits in einer so großen Distanz zu anvisierten Planeten ihre Reisedimension wieder zu verlassen, dass dem Gegner genügend Zeit für eine Verteidigung bleibt.

Durch die Einführung dieser physikalischen Beschränkungen habe ich die Beschreibung der Raumschlachten in meiner Geschichte für mich selbst handhabbar und für den Leser, wie ich hoffe, plausibler gemacht. Dieses Problem zeigt einmal mehr, dass die Konzeption von Science-Fiction-Geschichten völlig andere Anforderungen stellt als die von Fantasy-Romanen, bei denen man sich als Autor vielleicht mit der Flugbahn von Pfeilen oder den anatomischen Möglichkeiten eines Ritters im Nahkampf beschäftigen muss, aber nicht mit den physikalischen Gesetzmäßigkeiten und Grenzen von interstellaren Reisen oder Weltraumschlachten. Von daher bin ich sehr gespannt auf die ersten Reaktionen meiner SF-gestählten Probeleser.

Kreative Sommerferien - September 5, 2014 by Susanne Gavénis

So schnell kann’s gehen! In den diesjährigen Sommerferien habe ich mich wieder einmal meinem Lieblings-Langzeit-Projekt zugewandt, der Science-Fiction-Trilogie, der irgendwann einmal eine zweite Trilogie folgen sollte, die die losen Handlungsfäden der ersten drei Teile aufgreifen und alles zu einem runden Ende führen sollte. Bei der Überarbeitung des zweiten Bandes (mal wieder!) habe ich allerdings immer mehr das Gefühl gehabt, dass mein Bedürfnis, viele Geheimnisse der Geschichte erst in den Bänden vier bis sechs zu lüften, Gefahr lief, sich zunehmend zu einem Hemmschuh für die Fortführung der Story zu entwickeln. Immer öfter war ich gezwungen, lediglich vage anzudeuten und sich meine Hauptfiguren in fruchtlosen Diskussionen über die mysteriösen Drahtzieher im Hintergrund der Ereignisse ergehen zu lassen, statt diesen Drahtziehern bereits jetzt eine größere und aktivere Rolle im Geschehen zuzugestehen.

Schließlich – nach einer weiteren nahezu schlaflosen Nacht, in der ich grübelte und grübelte, wie ich den Balanceakt meistern sollte, die Handlung der Geschichte einerseits plausibel und spannend voranzutreiben und andererseits alle wichtigen Geheimnisse dabei so elegant in der Schwebe zu halten, dass die Leser davon nicht gelangweilt, sondern neugierig auf ihre letztliche (weit in der Zukunft liegende) Auflösung sein würden, – sagte einer meiner Probeleser den ebenso schlichten wie wahren Satz: „Warum machst du dir überhaupt so viel Stress? Streich doch einfach deine zweite Trilogie!“

Nach einem Moment völliger Verblüffung angesichts eines derart weitreichenden (und dabei so lässig dahergesagten) Vorschlags fing allerdings mein kleines Köpfchen an zu rauchen, und ich erkannte, dass die Entscheidung, die Geschichte am Ende des dritten Bandes enden zu lassen, ohne noch eine weitere potenziell megadicke Trilogie hinterherzuschieben, mir eine Freiheit schenken würde, die ich nie auch nur für möglich gehalten hätte. Mit einem Mal begann meine Kreativität wieder zu sprudeln, und innerhalb kürzester Zeit wurde die Geschichte in ihren Grundzügen von mir komplett umgebaut. Und ich stellte zu meinem Erstaunen fest, dass die Ursprungs-Idee niemals als ein Sechsteiler angelegt gewesen war, sondern sich alle wichtigen Story-Elemente im Rahmen einer einzigen Trilogie vollständig und befriedigend zusammenführen lassen würden. Nun konnte ich die Handlung straff und spannend vorantreiben, Geheimnisse einführen und sie in einem angemessenen Zeitraum auch wieder auflösen, um der Geschichte dadurch neue Impulse zu geben und die Bedrohung für meine Protagonisten zunehmend offener und handlungsbestimmender zutage treten zu lassen, statt sie wie in meiner ursprünglichen Planung lediglich als unbestimmtes und nicht wirklich greifbares Hintergrundraunen durch die gesamte Trilogie sozusagen im Handgepäck mitzuschleppen und erst in den nächsten drei Teilen meine Karten offen auf den Tisch zu legen.

Da ich die ganze Geschichte immer nur als Sechsteiler wahrgenommen hatte, habe ich die Möglichkeiten, die bereits zu Beginn darin angelegt waren, so lange nicht erkennen können, bis ich mich bei meiner Überarbeitung des zweiten Teils durch meine eigene Fixierung fast in eine kleine Schreibblockade hineinmanövriert hätte. Das ist für einen Autor immer ein Alarmsignal, das ihn aufruft, einmal tief mit sich und seiner aktuellen Geschichte ins Gericht zu gehen und alle seine bisherigen Überlegungen zu Story- und Figurenkonzeption einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Zum Glück gelingt es mir mittlerweile ganz gut, diese Zeichen am Horizont zu erkennen, bevor sie sich zu einem richtigen Unwetter zusammengebraut haben, sodass ich in der Regel rechtzeitig gegenlenken und meine Geschichten wieder auf einen besseren Kurs zurückführen kann. Dennoch bleibt es eine ständige Herausforderung, im kreativen Schreibprozess immer mehr die „wahre“ Geschichte ans Licht zu bringen – die Geschichte, die am Ende vom Autor geschrieben werden möchte. Ich denke, dass ich bei meiner Science-Fiction-Trilogie nun auf einem guten Weg dazu bin.

Grundlagen der Konzeption 1: Prämisse auswählen - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Die Prämisse ist der rote Faden der Geschichte. Sie ist eine Behauptung bzw. eine These, die es mit der Geschichte zu beweisen gilt. Eine Prämisse ist komplexer als die Pointe einer Kurzgeschichte, da sie nicht sachbezogen, sondern personenbezogen ist.

Die Pointe einer Kurzgeschichte könnte z.B. lauten: Technik ist zerstörerisch. Hier taucht keine Person auf bzw. Personen werden typisiert dargestellt.

Eine entsprechende Prämisse könnte dagegen heißen: Zu sehr auf Technik zu vertrauen, führt zum Untergang.

Das zentrale Element in dieser Prämisse ist das Wort „vertrauen“. Vertrauen können nur Protagonisten, also lebende Wesen mit ganz spezifischen Gedanken und Gefühlen, meist natürlich Menschen (obwohl es auch wunderbare Katzengeschichten u.ä. gibt), und im Vertrauen liegt auch Konfliktpotential, da Vertrauen auch enttäuscht werden kann. Die Prämisse ist daher direkt mit dem Protagonisten verknüpft und sie gibt letztlich vor, in welche Richtung sich die Hauptfigur entwickeln muss und natürlich auch, von welchem Punkt die Entwicklung startet. Aus der Prämisse ergibt sich somit der 2. Punkt der Grundkonzeption, die Entwicklung von Pol zu Pol.

Grundsätzlich können unterschiedliche Figuren in einer Geschichte auch unterschiedliche Prämissen besitzen, aber die Prämissen der Nebenfiguren sollten der Prämisse der Hauptfigur immer untergeordnet sein. Es wäre z.B. höchst verwirrend für den Leser, wenn die Hauptfigur gemäß der oben genannten Prämisse scheitert, während eine wichtige Nebenfigur in der Geschichte für sich die Prämisse „Auf Technik zu vertrauen führt zum Erfolg“ erfüllt.

Aufgabe:

Formulieren Sie verschiedene positive bzw. negative Prämissen.

Zielpunkte für positive Prämissen wären z.B. Erfolg, Liebe, Glück, Sieg, Zufriedenheit etc.

Zielpunkte für negative Prämissen wären z.B. Misserfolg, Unglück, Verlust, Unzufriedenheit, Untergang, Vernichtung etc.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 1

Grundlagen der Konzeption 2: Entwicklung von Pol zu Pol - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Die Prämisse bestimmt also, wohin die Reise geht. Die Prämisse „Zu sehr auf Technik zu vertrauen, führt zum Untergang“ kann man natürlich nur erfüllen, wenn der Protagonist eine ganz spezifische Beziehung zur Verwendung von Technik besitzt. Es macht bei dieser Prämisse keinen Sinn, eine Figur zu entwerfen, die zu Beginn der Geschichte ein klarer Technikgegner ist und sich im Laufe der Zeit zu einem Technikliebhaber entwickelt. Zu so einer Entwicklung würde mehr die Prämisse „Angemessen auf Technik zu vertrauen, führt zum Erfolg“ passen.

Unser Protagonist muss also ein Technikliebhaber sein, und er darf Technik nicht hinterfragen, sondern müsste ihr uneingeschränkt vertrauen, all dies, weil er bislang niemals negative Erfahrungen im Umgang mit Technik gemacht hat. Dies wäre der erste Pol, der Startpunkt des Charakters in der Geschichte.

Im Laufe der Geschichte müsste er dann mit Situationen konfrontiert werden, die ihm immer wieder vor Augen halten, dass sein Vertrauen in die Technik problematisch, ja sogar gefährlich ist, doch er wird nicht in der Lage sein, aufgrund dieser neuen Erfahrungen seine Einstellung zu ändern, was letztlich in eine Katastrophe mündet (z.B. die Kernschmelze in einem Atomkraftwerk aufgrund seines mangelnden Einschätzungsvermögens).

Dies ist der zweite Pol: Trotz vielfacher Erfahrungen, die ihn eigentlich dazu hätten anhalten müssen, sein uneingeschränktes Vertrauen in die Technik zu hinterfragen, hält er an seinem Vertrauen fest und scheitert genau deshalb in einer entscheidenden Situation.

Hier sieht man, dass die Entwicklung von Pol zu Pol bereits eine erhebliche Arbeit bezüglich der genauen Konzeption des Charakters erfordert, dies ist Punkt 3 der Konzeption.

Zudem kann man an der Beschreibung dieser beiden Pole bereits erahnen, dass durch die Prämisse und die Entwicklung von Pol zu Pol auch bereits der Rahmen, in dem sich die Geschichte bewegen wird, abgesteckt ist – dies ist der 4. Punkt der Konzeption, das Stufenkonzept.

Aufgabe:

Beschreiben Sie die Entwicklung der Hauptfigur von Pol zu Pol für folgende Prämissen:

– Auf sich selbst zu vertrauen führt zum Erfolg / Glück / Sieg.

– Eigene Entscheidungen zu treffen führt zum Erfolg / Glück / Sieg.

– Seinem eigenen Weg zu folgen führt zum Erfolg / Glück / Sieg.

– Starr an eigenen Meinungen festzuhalten führt zum Misserfolg / Unglück / Niederlage / Untergang.

– Arroganz führt zum Misserfolg / Unglück / Niederlage / Untergang.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 2

Grundlagen der Konzeption 3: Charakterbiografie erstellen - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Grundzüge des Charakters wurden bereits durch die Entwicklung von Pol zu Pol abgesteckt, in der Biografie muss man zu diesen groben Eckpunkten den Feinschliff hinzufügen. Dabei sollten folgende Fragen wichtig sein:

1. Welche grundlegenden Einstellungen besitzt der Charakter?

Dies ergibt sich meist direkt aus der Prämisse und der Entwicklung von Pol zu Pol.

2. Warum besitzt er diese Einstellungen? Welche Ereignisse in seiner Vergangenheit haben sie ihm eingeprägt?

Es geht hier also darum, Schlüsselereignisse in der Biografie eines Protagonisten zu formulieren. Bei unserem Beispiel könnten das Erlebnisse des Charakters sein, die ihn Technik als absoluten Problemlöser und Heilsbringer haben erleben lassen. Ob diese Ereignisse in der Geschichte direkt oder nur aus der Retrospektive beschrieben werden, muss man dann später noch entscheiden, doch der Autor muss diese Ereignisse kennen, damit er den Charakter durchgängig stimmig beschreiben kann.

3. Welches Umfeld besitzt der Charakter?

Darüber muss man sich bei der Formulierung der Biografie ohnehin Gedanken machen. Gemeint sind hier vor allem alle Aspekte des menschlichen Zusammenlebens, die auf den Charakter einwirken, also die Einflüsse anderer Menschen (Familie, Freunde, Kollegen etc.), seine gesellschaftliche Stellung, die Beschaffenheit der Gesellschaft, Religion oder ihr Fehlen, Reichtum oder Armut, Ideologien, Technologie und ihre Bedeutung in der Gesellschaft, historische Einbettung etc.. Nicht jedes Umfeld eignet sich, wenn man eine bestimmte Prämisse verfolgen möchte. So kann man die Prämisse „Zu sehr auf Technik zu vertrauen, führt zum Untergang“ relativ schwierig umsetzen, wenn man als Umfeld des Charakters eine Gesellschaft wählt, in der durch Fortschritt und Technik gerade grundlegende Probleme wie Armut, Kindersterblichkeit und Umweltverschmutzung gelöst werden (schwierig, aber nicht unmöglich).

Grundsätzlich kann man sagen, dass man für die Beantwortung dieser Fragen eine Menge Hintergrundinformationen über die Welt, die man in seiner Geschichte erschaffen möchte, zusammentragen muss. Besonders über Kernpunkte, die die Prämisse und damit auch den Protagonisten direkt betreffen, muss man sich als Autor selbst im Klaren sein. Man muss also klären, wie die Welt und die Gesellschaft, in der der Charakter lebt, strukturiert sind, welche Naturgesetze (oder magische Gesetze) es gibt und welche grundsätzlichen Möglichkeiten diese Welt bietet.

4. Welche grundlegenden Konflikte, Ängste, Einschränkungen besitzt der Charakter? Wie groß ist seine Befähigung, mit ihnen umzugehen?

Wie die Fragen schon vermuten lassen, muss man seinen Charakter quasi auf die Psychiater-Couch legen, wobei der Autor die Rolle des Therapeuten besitzt. Um einen Charakter stimmig beschreiben zu können, muss man ein Psychogramm von ihm erstellen, d.h. man muss wissen, was ihn antreibt, wo er zurückzuckt, welche Handlungskapazität er besitzt und welche Grenzen er überwinden kann und welche nicht. Zudem muss man im Blick behalten, wie sich diese Aspekte im Laufe der Geschichte entwickeln und welche Grundzüge des Charakters von der Entwicklung von Pol zu Pol besonders betroffen sind. Hier ist ein gewisses psychologisches Geschick gefragt.

5. Welche Fähigkeiten und Besonderheiten besitzt der Charakter?

Hier geht es um die konkreten Befähigungen des Charakters, bestimmte Arbeiten oder Aufgaben zu erledigen. Kann er z.B. Lesen und Schreiben, kann er zaubern, ist er ein guter Reiter etc.. Wichtig ist natürlich auch, was der Charakter im Vergleich zu Menschen aus seinem Umfeld nicht kann.

6. Wie sieht der Charakter aus? Wie heißt er?

Zum Teil hängt dies bereits mit den Fähigkeiten des Charakters zusammen, ein Spitzen-Athlet z.B. hat nicht nur bestimmte Fähigkeiten, sondern auch einen dazu passenden Körperbau. Aber auch das grundsätzliche Erscheinungsbild des Charakters und nicht zuletzt sein Name sollten zum psychologischen Profil des Charakters passen oder einen interessanten Kontrast schaffen, z.B. ein stiernackiger Hüne mit Namen Ivan, der kleine Glasfiguren erstellt und sich davor fürchtet, mit anderen Menschen zu sprechen, während jeder, der ihn nicht kennt, ihn allein aufgrund seiner körperlichen Größe fürchtet.

Aufgaben:

1. Erstellen Sie für eine Prämisse Ihrer Wahl eine Charakterbiografie. Sie könnendabei die Blätter „Charakterbogen“ und „Protagonist“ als Hilfestellung benutzen. Oft kommt man nicht umhin, sich an dieser Stelle auch einige Gedanken über die Konzeption wichtiger Nebenfiguren zu machen. Grundsätzlich sollten Nebenfiguren dazu dienen, den Konflikt des Protagonisten zu verstärken oder ihm dabei helfen, ihn zu lösen.

2. Überlegen Sie sich, welche Informationen Sie über die Welt geben müssen, in der Ihre Geschichte spielen soll. Bei fantastischen Welten sollte man nicht wahllos alle möglichen Fakten kreieren, sondern immer die Geschichte und den Protagonisten im Blick behalten und sich fragen, wie die Welt beschaffen sein muss, damit man die Geschichte der Hauptfigur bestmöglich erzählen kann. Weniger ist dabei oft mehr.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 3

Grundlagen der Konzeption 4: Stufenkonzept entwickeln - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Wie im echten Leben springt ein Charakter nicht direkt vom ersten Stadium seiner Entwicklung direkt ins letzte Stadium, sondern es erfolgen viele kleine Schritte, die dazwischen liegen. Diese Schritte mögen im echten Leben auch vom Zufall bestimmt sein, in einer Geschichte sollte man sie sorgfältig planen und dabei vor allem darauf achten, eine Steigerung des ursprünglichen Konflikts zu erreichen.

Bei der Prämisse „Zu sehr auf Technik zu vertrauen, führt zum Untergang“ sollte nicht gleich zum Beginn der Geschichte der Fortbestand der Welt auf dem Spiel stehen, sondern es müssten erst kleinere, dann immer schwerwiegendere Probleme daraus entstehen, dass der Protagonist nicht in der Lage ist, sein Vertrauen in die Technik zu hinterfragen, z.B. indem er erst nur seine Freundin versetzt, weil sein Smartphone nicht funktioniert hat, und er ihren Zorn nicht begreift, weil er ihr die Schuld gibt. Später könnte er dann kleinere Fehler im Berufsleben machen und so den Unmut seiner Kollegen auf sich ziehen, im nächsten Schritt werden seine Fehler schlimmer und kosten Geld oder führen zu Verletzungen. Er könnte gefeuert werden oder lügen, um die Schuld auf seine Kollegen abzuwälzen. Erst zum Schluss, wenn ein Großteil seiner sozialen Beziehungen bereits ruiniert ist, könnte man dann auch die große Katastrophe folgen lassen, bei der vielfach Tod und Zerstörung über ihn und die Menschen in seiner Umgebung kommt.

Wichtig ist dabei auch, dass sich nicht nur die äußere Situation des Protagonisten verschärft, sondern er selbst verändert sich permanent durch seine Auseinandersetzung mit seinem Konflikt, und dies beeinflusst wiederum die nächste Stufe der Konfliktsteigerung. Es geht also beim Erstellen eines Stufenkonzepts darum, die inneren und äußeren Faktoren des zentralen Konflikts in ihrer wechselseitigen Beeinflussung zu formulieren.

Doch selbst wenn man diese Planung bereits im Kopf hat, bleibt noch eine wichtige Frage offen: Was beschreibe ich wann und wie? Dies ist der letzte Punkt, das Exposé.

Aufgabe:

Entwickeln Sie ausgehend von Ihrer Charakterbiografie ein Stufenkonzept. Rahmen Sie es durch die Entwicklung von Pol zu Pol ein und versuchen Sie v.a. eine Konfliktsteigerung von einer Stufe zur nächsten zu erreichen, d.h. anfangs betrifft die Situation womöglich nur den Protagonisten selbst, bei der nächsten Stufe gibt es negative Auswirkungen auf von ihm geliebte Menschen, dann auf ein ganzes Dorf etc.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 4

Grundlagen der Konzeption 5: Exposé schreiben - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Ein Exposé ist eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Stufen der Geschichte, die tatsächlich konkret in Szenen umgesetzt werden sollen.

Grundsätzlich beginnt man eine Geschichte kurz vor der eigentlichen Geschichte, genauer, kurz vor dem tatsächlichen Akutwerden des zentralen Konflikts des Protagonisten.

Dieses Vorspiel dient dazu, dem Leser den Protagonisten erst einmal nahezubringen, man nennt das auch Charakterexposition. Hier muss man dem Leser so viele Informationen über den Protagonisten geben, dass der Leser ein Gefühl dafür bekommt, wie die Hauptfigur „tickt“, der Leser muss also ungefähr einschätzen können, wie sich der Charakter in künftigen Situationen verhalten wird. Besonders Schwächen des Charakters sollte man hier bereits spürbar machen, so dass der Leser den Grundkonflikt des Charakters bereits erahnen kann, bevor er initiiert wird. Am besten gelingt dies oft, wenn man den Protagonisten mit anderen wichtigen Personen der Geschichte interagieren lässt und Szenen schafft, in denen er sich im Handeln, Fühlen und Denken von den anderen Personen der Geschichte absetzt.

Anschließend muss man sich überlegen, durch welche Situation der Grundkonflikt aktiviert wird. Wenn der Protagonist in unserem Beispiel nie mit fehlerhafter oder problematischer Technik konfrontiert wird, wird sein Konflikt niemals angestoßen werden und es wird keine Entwicklung geben. Die Wahl dieser Konfliktzündung ist nicht immer leicht, denn sie begründet ja den Beginn der Entwicklung und muss daher noch Luft nach oben lassen, was die Schwere und Konsequenz des Konflikts betrifft, aber der Leser muss dennoch bereits jetzt spüren, dass der Protagonist vor ein durchaus ernst zu nehmendes Hindernis gestellt wird.

Was folgt, ist die konkrete Umsetzung des Stufenkonzepts, also die Steigerung der Problemsituationen bis hin zur finalen Stufe im Detail. Folgt man diesem Schritt, bekommt man ein Exposé für seine Geschichte, das dann sozusagen das Grundgerüst für den Verlauf der Geschichte vorgibt.

Aufgabe:

Schreiben Sie ein Exposé für Ihre Geschichte. Dabei geht es noch nicht darum, einzelne Szenen festzulegen oder genau zu bestimmen, was man wie schreibt, sondern das Exposé legt den groben Handlungsstrang fest, dem die Geschichte folgen soll.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 5

Grundlagen der Konzeption – Zusatz: Szenenexposés - September 1, 2014 by Susanne Gavénis

Um einzelne Szenen besser in den Griff zu bekommen und tatsächlich zu klären, was man wie schreibt, bietet es sich an, Exposés für einzelne Szenen zu schreiben und dabei folgende Fragen als Leitlinien zu benutzen:

 

Welche Informationen sollen dem Leser gegeben werden?

Welche Bedeutung haben diese Informationen innerhalb der Gesamtgeschichte?

Müssen diese Informationen unbedingt an dieser Stelle gegeben werden?

 

Grundsätzlich gilt, dass jede Szene ein konkretes Ziel besitzen sollte. Solche Ziele könnten sein:

Einzelheiten der Welt dem Leser nahebringen.

Charaktere vorstellen und/oder ihre Beziehung zueinander aufzeigen.

Das Umfeld des Protagonisten beleuchten etc.

Eine Szene, die kein Ziel verfolgt, ist eine überflüssige Szene und kann gestrichen werden.

Aufgaben

1. Schreiben Sie ein Szenen-Exposé für einen Charakter, der dem Leser als schüchterner Junge vorgestellt werden soll, der sehr unter seinem dominanten und herrischen Vater leidet.

2. Schreiben Sie ausgehend von Ihrem in Aufgabe 1 erstelltem Exposé die entsprechende Szene und vergleichen Sie hinterher mit Ihrer Planung.

3. Schreiben Sie ein Exposé für die Szene, in der Sie Ihren Protagonisten (also einen frei von Ihnen wählbaren Charakter) dem Leser vorstellen.

4. Schreiben Sie ausgehend von Ihrem in Aufgabe 3 erstelltem Exposé die entsprechende Szene und vergleichen Sie hinterher mit Ihrer Planung.

Download der Übung als PDF: Grundlagen der Konzeption 6

 

 

Susanne Gavénis

Susanne Gavénis

Wenn Sie mehr über mich erfahren möchten, erzähle ich Ihnen gern von meinem Leben, und warum ich schreibe. Natürlich können Sie auch Kontakt mit mir aufnehmen. Vielen Dank.