Für den Roman „Shai’lanhal“ gab es ein zentrales Konzept – das des verborgenen Kampfes und der damit verbundenen Regeln. Diese Hintergrundgeschichte wird im Folgenden dargestellt:

Einmal alle zwanzig Generationen (circa vierhundert Jahre) werden die Mächte des Guten und des Bösen in vier Menschen symbolisch inkarniert: Das Gute in der Lanhal, die stets weiblich ist, und ihrem Beschützer, dem Shai’lanhal, der stets männlich ist; das Böse in dem Yinyal, der stets männlich ist, und seiner Beschützerin, der Shai’yinyal, die stets weiblich ist.

Damit entschieden werden kann, welche der beiden Seiten über das nächste Zeitalter regiert, müssen diese vier Menschen einen Kampf miteinander ausfechten. In einer Welt, in der das Gute regiert, ist Magie unbekannt. Hier besitzen die Inkarnationen Magie. In einer Welt dagegen, in der das Böse herrscht, lebt auch die Magie. Hier besitzen die Inkarnationen die Fähigkeit, Magie zu brechen. Zur Zeit von Shaan und Deleja herrscht das Gute, somit gibt es keine Magie. Niemand glaubt daran und niemand hat je davon gehört.

Im Gegensatz zu den Shais wachsen die Lanhal und der Yinyal ohne Wissen über ihre Bedeutung auf. Sie kennen auch ihre Kräfte nicht, denn sie besitzen sie lange Zeit gar nicht. Sie erhalten ihre Magie erst zum letzten Kampf, also erst dann, wenn beide erkannt haben, wer und was sie sind.

In dem Moment, in dem der letzte Kampf beginnt, also beide Inkarnationen erwacht sind, verlieren die Shais ihre Macht. Sie übertragen all ihr Wissen und ihre Fähigkeiten über den Gebrauch der Magie auf die Inkarnationen und sind selbst dann nur noch normale Menschen. Sollte die Lanhal siegen, wird auch ihre Magie wieder verschwinden, denn die Welt, die sie mit ihrem Sieg erschaffen hat, ist eine ohne Magie. Siegt jedoch der Yinyal, behält er seine Macht, und er kann den Funken der Magie dann auch in anderen erwecken. Doch damit nicht genug. In einer Welt, in der die Macht des Bösen herrscht, werden für zwanzig Generationen immer wieder Menschen mit magischen Kräften geboren werden.

Eine Familie, oder besser, eine Blutlinie, ist je einer der Seiten verschrieben. Sie wissen um den verborgenen Kampf und sind die Bewahrer seiner Geschichte. Aus ihren Reihen rekrutieren sich sowohl die Sarns, die Lehrer, als auch die Shais, die Beschützer. Die Sarns sind stets die Väter der Shais. Die Lehrer müssen den Beschützern die Regeln für den verborgenen Kampf lehren, sie auch bewahren, an ihre Nachfolger weitergeben und sie über die Zeiten hinweg tradieren. Die Seite, der die Regeln verloren gehen, hat unweigerlich verloren.

Die Seite des Guten hat die Familie der Geyseré seit Urzeiten auf ihrer Seite. Das Wissen wird vom Vater zunächst an die beiden ältesten Kinder weitergegeben. Überlebt der älteste, bis er selbst wieder Kinder hat, erzählt er es ihnen weiter, während sein Bruder oder Schwester seinen Kindern gegenüber schweigt. So sind es pro Generation höchstens zwei Leute, die um den verborgenen Kampf wissen. Es gibt natürlich auch Bücher und Aufzeichnungen. Eine wichtige Aufgabe aller Bewahrer des Wissens ist es, die Aufzeichnungen in die aktuelle Sprache zu übersetzen, sie auf neues Papier zu übertragen und alles zu tun, damit sie nie verloren gehen.

Für den Fall, dass beide ältesten Kinder sterben, kann der vorherige Wissende weitere der Kinder einweihen, und der Ehepartner erhält den Schlüssel zu dem Raum, in dem die Aufzeichnungen verwahrt sind, mit der Auflage, ihn nie zu betreten, solange die Träger des Wissens am Leben sind.

Die Seite des Bösen hat sich die Blutlinie der Weadras erwählt. Sie geben das Wissen ebenso weiter wie die Geyserés, und sie tradieren auch die Dunkelheit in ihren Herzen. Sie sind stolz darauf, auf der Seite des Bösen zu stehen, da sie glauben, hier läge die wahre Macht. Ist ein Kind von der Grausamkeit der Familie abgestoßen, wird es von den anderen getötet, und nur jene, die dem Bösen huldigen, erhalten Kenntnis über das Wissen um den verborgenen Kampf. So wahren die Weadras ihr dunkles Geheimnis.

Wenn die Inkarnationen und die Shais geboren werden, gerät die Natur für mehrere Wochen in Aufruhr. Die Elemente toben. Stürme, Regen, Erdbeben und Blitze ziehen in nie gekannter Form über das Land. Das ist das Zeichen für die Geburt. Aber die Bewahrer zählen die Generationen und wissen deshalb auch ohne diese Anzeichen, wann die Shais und damit auch die Inkarnationen geboren werden.

Der Kampf beginnt, wenn die Shais und die Inkarnationen sechzehn werden. Die Shais verspüren rechtzeitig den Ruf der Inkarnationen, der sie zu deren Wohnort lockt. Lanhal und Yinyal werden stets im gleichen Ort geboren. Die Shais können sie finden, wenn sie dem Ruf folgen, dürfen aber erst zu ihnen, wenn der sechzehnte Geburtstag da ist. Die Inkarnationen fühlen den Ruf als innere Unruhe, die erst erlischt, wenn die Shais bei ihnen eingetroffen sind, und sie fühlen auch später, ob sie sich in ihrer Nähe aufhalten. Die Shais der Gegenseite spüren sie auch. Das verursacht ihnen ein unangenehmes Gefühl, das sie aber nicht deuten können, da sie ihre eigene Bedeutung nicht kennen und nicht wissen, dass es die Shais gibt und diese gegen sie vorgehen werden.

Die Inkarnation der Gegenseite können die Shais nicht erspüren, deshalb müssen sie herausfinden, wie viele Menschen zu einer ähnlichen Zeit wie sie selbst geboren worden sind, sie beobachten und versuchen herauszufinden, ob sie die Inkarnation oder gar den Shai der Gegenseite erkennen. Sie dürfen sowohl den gegnerischen Shai als auch die Inkarnationen angreifen und zu töten versuchen. Wird ein Beschützer getötet, hat die Inkarnation verloren, wenn sie nicht innerhalb kürzester Zeit erkennt, wer sie ist, da sie ohne Beschützer wehrlos ist und leicht von der Shai erwischt werden kann. Wird gar die Inkarnation selbst getötet, hat die andere Seite gewonnen.

Die Shais besitzen Magie: der Shai’lanhal Windmagie und Wassermagie, die Shai’yinyal Erd- und Feuermagie. Sie können die Elemente beliebig formen, sie aber nicht aus dem Nichts heraus erzeugen. Wichtig ist, dass der Einsatz der Magie von dem jeweils anderen Shai gespürt werden kann. Er fühlt so genau, wo sie freigesetzt wird, dass er oder sie den Ort sicher finden kann. Die Shais müssen also ständig darauf gefasst sein, dass sie durch Einsatz ihrer Magie die Gegenseite anlocken.

Im Umgang mit der Inkarnation der eigenen Seite gibt es klare Regeln:

  1. Die Lehrer dürfen die Shais nach der Begegnung mit den Inkarnationen nicht mehr unterstützen.
  2. Die Shais dürfen den Inkarnationen nichts über ihre Bedeutung und Kräfte sagen.
  3. Die Beschützer dürfen ihre eigene Rolle nicht preisgeben.
  4. Die Beschützer dürfen vor ihrer Inkarnation ihre Magie niemals so einsetzen, dass sie sie als Urheber der Magie erkennen könnten.
  5. Die Beschützer dürfen niemals über Magie Kontrolle auf die Inkarnationen ausüben.
  6. Wer die Regeln missachtet, hat verloren.

Die Gegenseite darf jeweils Magie einsetzen, um der anderen zu schaden, dies ist jedoch nicht ratsam, da jeder Einsatz der Magie die andere Seite erkennen lässt, dass es diese überhaupt gibt; auch hier muss also im Verborgenen gearbeitet werden.

Eine weitere Fähigkeit der Shais besteht darin, dass sie jeweils eine Person geistig beeinflussen können, wenn sie sie berührt haben. Der Bann bricht dann, wenn sie eine andere unter ihren Willen zwingen. Diese Magie ist nur im Moment des Auftretens zu spüren, obwohl sie im Zweifelsfall über Wochen hin wirkt. Die Shais können sich gegenseitig und auch die Sarns nicht beeinflussen.