So schnell kann’s gehen! In den diesjährigen Sommerferien habe ich mich wieder einmal meinem Lieblings-Langzeit-Projekt zugewandt, der Science-Fiction-Trilogie, der irgendwann einmal eine zweite Trilogie folgen sollte, die die losen Handlungsfäden der ersten drei Teile aufgreifen und alles zu einem runden Ende führen sollte. Bei der Überarbeitung des zweiten Bandes (mal wieder!) habe ich allerdings immer mehr das Gefühl gehabt, dass mein Bedürfnis, viele Geheimnisse der Geschichte erst in den Bänden vier bis sechs zu lüften, Gefahr lief, sich zunehmend zu einem Hemmschuh für die Fortführung der Story zu entwickeln. Immer öfter war ich gezwungen, lediglich vage anzudeuten und sich meine Hauptfiguren in fruchtlosen Diskussionen über die mysteriösen Drahtzieher im Hintergrund der Ereignisse ergehen zu lassen, statt diesen Drahtziehern bereits jetzt eine größere und aktivere Rolle im Geschehen zuzugestehen.
Schließlich – nach einer weiteren nahezu schlaflosen Nacht, in der ich grübelte und grübelte, wie ich den Balanceakt meistern sollte, die Handlung der Geschichte einerseits plausibel und spannend voranzutreiben und andererseits alle wichtigen Geheimnisse dabei so elegant in der Schwebe zu halten, dass die Leser davon nicht gelangweilt, sondern neugierig auf ihre letztliche (weit in der Zukunft liegende) Auflösung sein würden, – sagte einer meiner Probeleser den ebenso schlichten wie wahren Satz: „Warum machst du dir überhaupt so viel Stress? Streich doch einfach deine zweite Trilogie!“
Nach einem Moment völliger Verblüffung angesichts eines derart weitreichenden (und dabei so lässig dahergesagten) Vorschlags fing allerdings mein kleines Köpfchen an zu rauchen, und ich erkannte, dass die Entscheidung, die Geschichte am Ende des dritten Bandes enden zu lassen, ohne noch eine weitere potenziell megadicke Trilogie hinterherzuschieben, mir eine Freiheit schenken würde, die ich nie auch nur für möglich gehalten hätte. Mit einem Mal begann meine Kreativität wieder zu sprudeln, und innerhalb kürzester Zeit wurde die Geschichte in ihren Grundzügen von mir komplett umgebaut. Und ich stellte zu meinem Erstaunen fest, dass die Ursprungs-Idee niemals als ein Sechsteiler angelegt gewesen war, sondern sich alle wichtigen Story-Elemente im Rahmen einer einzigen Trilogie vollständig und befriedigend zusammenführen lassen würden. Nun konnte ich die Handlung straff und spannend vorantreiben, Geheimnisse einführen und sie in einem angemessenen Zeitraum auch wieder auflösen, um der Geschichte dadurch neue Impulse zu geben und die Bedrohung für meine Protagonisten zunehmend offener und handlungsbestimmender zutage treten zu lassen, statt sie wie in meiner ursprünglichen Planung lediglich als unbestimmtes und nicht wirklich greifbares Hintergrundraunen durch die gesamte Trilogie sozusagen im Handgepäck mitzuschleppen und erst in den nächsten drei Teilen meine Karten offen auf den Tisch zu legen.
Da ich die ganze Geschichte immer nur als Sechsteiler wahrgenommen hatte, habe ich die Möglichkeiten, die bereits zu Beginn darin angelegt waren, so lange nicht erkennen können, bis ich mich bei meiner Überarbeitung des zweiten Teils durch meine eigene Fixierung fast in eine kleine Schreibblockade hineinmanövriert hätte. Das ist für einen Autor immer ein Alarmsignal, das ihn aufruft, einmal tief mit sich und seiner aktuellen Geschichte ins Gericht zu gehen und alle seine bisherigen Überlegungen zu Story- und Figurenkonzeption einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Zum Glück gelingt es mir mittlerweile ganz gut, diese Zeichen am Horizont zu erkennen, bevor sie sich zu einem richtigen Unwetter zusammengebraut haben, sodass ich in der Regel rechtzeitig gegenlenken und meine Geschichten wieder auf einen besseren Kurs zurückführen kann. Dennoch bleibt es eine ständige Herausforderung, im kreativen Schreibprozess immer mehr die „wahre“ Geschichte ans Licht zu bringen – die Geschichte, die am Ende vom Autor geschrieben werden möchte. Ich denke, dass ich bei meiner Science-Fiction-Trilogie nun auf einem guten Weg dazu bin.