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Month: Mai 2015
Verletzliche Superhelden - Mai 26, 2015 by Susanne Gavénis
INI_Logo_kleinGestern Abend habe ich mir den kernigen Wolverine im Fernsehen zu Gemüte geführt, der auf dem „Weg des Kriegers“ im alt ehrwürdigen Japan gewandelt ist. Unabhängig davon, dass ich mich dabei besser unterhalten habe als bei manchen anderen Superhelden-Filmen der letzten Jahre, finde ich es immer wieder witzig, was für gedankliche Verrenkungen sich Drehbuch-Autoren ausdenken müssen, um für eine annähernd unverwundbare – und damit auch unbesiegbare – Figur glaubwürdige Bedrohungen zu inszenieren, die eine halbwegs spannende Geschichte ergeben.
Wenn ein Protagonist wie der gute alte Wolverine selbst so krasse Dinge wie die Feuerwalze eines Atombomben-Abwurfs ganz gut wegsteckt, von Kugeln durchsiebt oder von Schwertern und Pfeilen durchbohrt werden kann, ohne danach mehr als ein „Aua, das tat weh!“ zum Besten zu geben, ist es nicht gerade einfach, die Zuschauer zu fesseln und sie um Wolverines Leben bangen zu lassen. Da muss man als Autor schon mal ein wenig tiefer in die dramaturgische Trickkiste greifen und dem Armen durch ein schräges biomechanisches Tentakelding, das sich an seinen Herzmuskel heftet, die Unverwundbarkeit rauben. Dass Wolverine im finalen Endkampf vom Bösewicht dreisterweise sogar seine stählernen Klauen abgehackt werden (welch Sakrileg!), passt ganz gut ins Bild und unterstreicht das Bemühen der Filmemacher, den Fokus auf eine tatsächliche Bedrohung des Protagonisten zu legen – was für mich auch genau der Grund war, warum ich die Geschichte insgesamt ganz nett fand.
Ich frage mich nur, warum die Erfinder solcher Figuren bei ihrer Konzeption nicht von vornherein kleinere Brötchen backen und sie nicht erst bei einer explodierenden Supernova genau vor ihrer Nase ein leichtes Gefühl von Unwohlsein verspüren lassen. Wenn ich da beispielsweise an Superman alias Clark Kent denke, der von seinen geistigen Schöpfern derart unverwundbar gemacht wurde, dass man schließlich solche hübschen Gimmicks wie grünes und rotes Kryptonit oder das weite Feld der Magie mitsamt allerlei mehr oder weniger eindrucksvoller Hexen und Zauberer einführen musste, um irgendwann auch mal andere Geschichten erzählen zu können als „Superman fällt ein Haus auf den Kopf, macht aber nichts, weil er es gar nicht spürt und währenddessen entspannt das kleine Kätzchen rettet“, dann weiß ich, dass es eine der wichtigsten Aufgaben für einen Autor ist, die Kräfte innerhalb seiner Geschichte gut auszubalancieren. Macht man den Helden zu stark und die Gegenkraft zu schwach, ist es langweilig, und die Leser fiebern nicht mit. Ist der Held dagegen ein kleines Würmchen, das gegen den Planeten fressenden Galaktus antreten muss, ist es schwierig, dem Leser oder Zuschauer plausibel zu machen, warum er am Ende doch gewinnt. Ein kluges Austarieren von Stärken und Schwächen auf beiden Seiten ist das, was am sichersten eine stabile Grundlage für eine spannende Geschichte bildet. So gesehen hat man aus dem Wolverine-Film unter diesen Voraussetzungen eigentlich das Beste gemacht, was möglich war.
Gravity - Mai 22, 2015 by Susanne Gavénis

INI_Logo_kleinNa so was! Letztens habe ich mir wieder mal einen SF-Film angeschaut, und zwar „Gravity“ mit dem guten alten Schorsch Clooney und Sandra Bullock in den Hauptrollen – bzw. in den beiden EINZIGEN Rollen des gesamten Films. Die ganze Geschichte ist von Anfang bis Ende ein Zwei-Personen-Stück (das über weite Strecken sogar zu einem Ein-Personen-Stück wird) und schildert die Erlebnisse zweier Astronauten in einer Raumstation im Erdorbit, die nach einer Katastrophe zerstört wird.

Den Film hatte mir ein Freund ausgeliehen, und da ich ob seiner begleitenden Worte („Och, der Film ist ziemlich ruhig, viel gesprochen wird auch nicht, und passieren tut auch nicht wirklich viel“) eher skeptisch war und die DVD zwei Monate lang bei mir im Regal liegen hatte, bevor ich mich aufgerafft habe, sie in den DVD-Player zu werfen, war meine Erwartungshaltung zu Beginn nicht unbedingt hoch. Doch manchmal werden die eigenen Vorurteile ziemlich schnell als Vorurteile entlarvt, denn überraschenderweise habe ich mich keine Sekunde lang gelangweilt, obwohl tatsächlich nicht viel passiert. Doch das macht gar nichts, denn der Film ist derart konsequent auf die Darstellung der absolut lebensfeindlichen Umgebung Weltall fokussiert, dass es einfach spannend ist, den Überlebenskampf der beiden Hauptfiguren mitzuverfolgen.

Ich habe nie zuvor einen Film erlebt, in dem versucht wurde, die Folgen von Schwerelosigkeit, Vakuum und Gravitation derart realistisch und mit erzählerischer Wucht darzustellen, sodass man diesen Film getrost allen Science Fiction-Skeptikern empfehlen kann, die bisher um SF einen weiten Bogen gemacht haben, weil sie sich mit dem „Lebensraum Weltall“ niemals ernsthaft beschäftigt haben und Science Fiction-Geschichten immer noch für „Weltraum-Western“ halten, in denen die Helden statt Pistolen eben Laserwummen schwingen und sich ansonsten gegenüber dem Leben auf der guten alten Erde nicht viel geändert hat.

Letztlich ist „Gravity“ gar kein SF-Film, sondern ein „Weltraum“-Film, da es kein einziges Science Fiction-Element in der Handlung gibt. Und zu guter Letzt zeigt dieser Film auch, dass es sehr wohl möglich ist, mit einem Minimum an Figuren und Dialogen eine eindringliche Geschichte zu erzählen, die komplett gegen den Strich moderner Hollywood-Blockbuster gebürstet ist. Von daher eine klare Empfehlung für alle, die beim Filme-Schauen mal Lust auf eine Erfahrung der ganz anderen Art haben.

Irrwege bei der Konzeption - Mai 16, 2015 by Susanne Gavénis

Manchmal tappt man als Autor bei der Konzeption seiner Geschichten in Fallen, die man beim Schreiben selbst gar nicht bemerkt, die aber hinterher – wenn der Roman endlich fertig ist – eine derart gründliche Überarbeitung nötig machen, dass man das komplette Manuskript einstampfen und nahezu von vorne anfangen muss.

Diese bittere Lektion ist mir bei meiner Fantasy-Geschichte um Shouren Drachensturm, den besten Schwertkämpfer des Landes, und seinen finsteren Widersacher zuteil geworden. Auf der Suche nach einer originellen Idee, die es in dieser Form nicht schon tausende Male in der Fantasy-Literatur gegeben hat, habe ich mich in gleich zwei konzeptionelle Sackgassen hineinmanövriert, von denen eine allein bereits ausgereicht hätte, die Geschichte frontal gegen die nächste Wand zu fahren. Der erste Fehler, den ich begangen habe – wiewohl ich am Anfang sehr stolz auf meinen pfiffigen und innovativen Einfall war – war es, den Protagonisten Shouren zu einem autistischen Savant zu machen, der letztlich nur über seine perfekte Bewegungskoordination beim Schwertkampf mit seinen Mitmenschen in Kontakt zu treten vermochte. Als Folge dieses Autismus war seine Handlungsfähigkeit aber auf eine Weise eingeschränkt, die mich im Verlauf der Geschichte vor immer größere Schwierigkeiten gestellt hat. Da er selbst die meiste Zeit stumm und von den anderen Figuren isoliert in seinem inneren Schneckenhaus verbracht hat, war ich gezwungen, statt seiner die Figuren in seiner Umgebung umso mehr handeln zu lassen – mit dem Ergebnis, dass Shouren als der eigentliche Protagonist der Geschichte, der die Handlung tragen und vorantreiben sollte, merkwürdig unbeteiligt bleibt und seine Darstellung an den Stellen, wo er handeln musste, auch für mein eigenes Empfinden oft unvermittelt und wenig plausibel war.

Um das dynamische Duo zu komplettieren, habe ich bei der Konzeption von Shourens Gegenspieler tatsächlich genau den gleichen Fehler begangen, zwar aus anderen Gründen, aber mit haargenau dem gleichen Ergebnis. Mein Plan war, den König des Landes – der von allen seinen Untertanen geliebt und verehrt wird – als bösartigen Dämon zu konzipieren, der die Freundlichkeit nur vortäuscht, um auf diese Weise einen magischen Bann zu brechen, der vor Äonen auf ihn gelegt wurde. Da sein damaliger Widersacher zu schwach war, um ihn vollständig besiegen zu können, verfiel er stattdessen auf die Idee, den Ursprungskörper des Dämons in einem Keller unter dem königlichen Palast mit Hilfe eines Zauberbanns zu versiegeln, der erst dann aufgehoben werden würde, wenn es der Dämon schaffen sollte, genug Menschen dazu zu bringen, ihn zu lieben – was für seinen damaligen Kontrahenten eine absurde und unerfüllbare Bedingung zu sein schien. Doch viele Zeitalter später sieht die Sache anders aus, und der Dämon steht kurz davor, die kritische Masse an Zuneigung zusammenzuraffen. Und genau hier liegt das Problem. Durch die Natur des Bannes, der ihn fesselte, durfte der böse König nichts tun, was ihn bei den Menschen, die er in Wirklichkeit verabscheute, Sympathiepunkte gekostet hätte. Die Konsequenz war, dass er die ganze Zeit in einer Rolle gefangen war, die es ihm lediglich erlaubte, seinen – ebenso sinistren – Lakaien Anweisungen und Befehle zu erteilen, um seine finsteren Pläne voranzutreiben, während er selbst untätig in seinem Thronsaal hockte und sich in Phantasien erging, was er alles tun würde, wenn seine Ketten erst einmal gesprengt wären. Statt realer Handlungen blieb ihm nur die Möglichkeit zu imaginierten Pseudohandlungen – was, wie ich leider zugeben muss, mit der Zeit sowohl redundant als auch ermüdend geworden ist.

Das traurige Resultat war, dass ich das fertige Manuskript so heftig und umfassend überarbeiten musste wie noch keine meiner Geschichten zuvor (wobei diese Überarbeitung noch längst nicht abgeschlossen ist). Im Grunde ist kein Stein auf dem anderen geblieben. Shouren ist nun kein Autist mehr, und der ganze Unsinn mit der kritischen Liebesmasse, die der böse König scheffeln muss, um den Zauberbann zu brechen, ist komplett aus der Story geflogen. Das hat der Geschichte zwar einiges an Originalität geraubt, dafür hat sie im Gegenzug aber einen Protagonisten und einen Antagonisten gewonnen, die beide endlich handeln können. Auch für Autoren gilt wohl die alte Weisheit, dass weniger manchmal mehr ist, und man nicht immer versuchen sollte, mit jeder seiner Geschichten das Rad neu zu erfinden.

Verlorene Erde - Mai 1, 2015 by Susanne Gavénis

INI_Logo_kleinGute Autoren sind doch immer wieder motivierend! Nachdem ich ja letztes Wochenende Orson Scott Cards „Ender“-Verfilmung angeschaut habe, habe ich – trotz meiner leider immer sehr knappen Freizeit – richtig Lust bekommen, mir noch mehr Geschichten des guten Orson zu Gemüte zu führen. Zum Glück hatte ich in meinem Bücherregal noch seinen Zyklus um die „Verlorene Erde“ stehen, den ich seit fast 20 Jahren lesen wollte, das aber bisher immer wieder aufgeschoben habe.

Es ist einfach schön, Romane eines Autors zu lesen, der sein Handwerk so gut versteht wie Card. Vor allem seine Fähigkeit, die Sorgen und Nöte von männlichen Teenagern zu beschreiben, ist für mich immer wieder bemerkenswert. Mit der Psyche von Mädels kommt er zwar auch gut zurecht, aber dieser intuitiv empathische Zugang zum Seelenleben gerade seiner jugendlichen männlichen Protagonisten ist, wie ich finde, schon etwas Besonderes.

Darüber hinaus ist mir wieder einmal aufgefallen, wie hervorragend Card die Dialoge in seinen Büchern gestaltet. Im Grunde ist wirklich jeder Dialog konflikthaft konzipiert – was um so bewundernswerter ist, wenn es sich um Dialoge handelt, wo sich die Figuren eigentlich mögen und doch aufgrund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten und Bedürfnisse Reibungspunkte zwischen ihnen entstehen. Da die konflikthafte Konzeption von Szenen, Dialogen und der Gesamtgeschichte ja eines der zentralsten Elemente überhaupt beim Schreiben ist, macht es allein aus diesem Grund sehr viel Spaß, Orson Scott Cards Romane zu lesen. Wenn dann noch eine interessante Story hinzukommt – wie es bei Card beinahe selbstverständlich ist – steht dem Lesegenuss nichts mehr im Wege. Von den insgesamt fünf Bänden des Zyklus habe ich mittlerweile drei gelesen, und ich bin sehr gespannt, wie sich die Handlung weiterentwickelt.

Susanne Gavénis

Susanne Gavénis

Wenn Sie mehr über mich erfahren möchten, erzähle ich Ihnen gern von meinem Leben, und warum ich schreibe. Natürlich können Sie auch Kontakt mit mir aufnehmen. Vielen Dank.