Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie sich Fernsehen und Roman voneinander unterscheiden. Gerade habe ich mir die letzten beiden Folgen der Serie „The Strain“ angeschaut, die noch auf meinem Festplattenreceiver darauf gewartet haben, von mir konsumiert zu werden. Die Vampir-Trilogie von Guillermo Del Toro – der ja bisher lediglich als Regisseur von Filmen wie „Hellboy“ in Aktion getreten ist – hatte ich bereits vor ein paar Jahren gelesen, weil mich die Idee interessiert hatte (ein Vampir-Virus breitet sich über die ganze Welt aus), und so war ich neugierig auf die Fernsehserie, die daraus hervorgegangen ist.
Die Romane hatten mir ja vom Beginn der Trilogie bis zu ihrem Ende immer weniger gefallen, weil sich die Szenen in meinen Augen zunehmend mehr von einer literarischen Erzählung entfernt und einen oberflächlich auf Action getrimmten Drehbuchcharakter angenommen hatten (etwa wenn einer der Helden von einem mit Vampiren besetzten und mit einem MG bestückten Hubschrauber durch die Straßen gehetzt wird und sich mit einem eleganten Salto hinter eine Mauer rettet, während die Kugeln links und rechts in den Asphalt einschlagen). Meine Vermutung, dass sich die Geschichte aus diesem Grund als Fernsehserie besser machen würde, hat sich zumindest in der ersten Staffel bewahrheitet.
Was ich allerdings bemerkenswert fand, war die Entscheidung der Serienmacher, eine der Haupt-Nebenfiguren der Romane (die demente Mutter einer der Protagonistinnen), die es in den Büchern immerhin bis in den dritten Band geschafft hat, bevor sie in einer der Vampir-Molkereien in den Bottich gewandert ist, bereits in der vorletzten Folge der ersten Staffel umzubringen – was gerade mal dem letzten Drittel des ersten Buchs entspricht.
Die etwas verwirrte alte Dame hatte mich bei meiner Lektüre zugegebenermaßen auch ein wenig genervt, da (auch wenn sie natürlich nichts dafür konnte) die Spannung und die dramatischen Komplikationen im Story-Verlauf der Romane immer wieder durch dieselbe Ausgangssituation herbeigeführt wurden – unsere Helden sind für eine Sekunde unaufmerksam, und schon ist die gute Frau ausgebüxt und irrt durch die vampirverseuchten U-Bahn-Tunnel – was wiederum eine actionreiche Rettungsaktion nach sich zieht.
Was mich aus der Sicht eines Autors daran gestört hat, war die Beliebigkeit dieser Szenen – letztlich war es egal, was an Entwicklung gerade davor oder danach passiert oder an welcher Stelle der Geschichte es geschehen ist. Es war immer wieder derselbe deus-ex-machina, der Spannung erzeugen sollte. Dass es für einen pflegenden Angehörigen, dem gerade seine demente Mutter oder sein dementer Vater verlustig gegangen ist, ein Albtraum ist, auf der Suche nach ihnen die Umgebung zu durchforsten, ist ganz klar. In einer Spannungsgeschichte allerdings machen demente Herren und Damen offenbar nicht wirklich eine gute Figur und sind einer stringenten Storyführung eher hinderlich als förderlich.
Ich kann nur vermuten, dass dies auch die Überlegungen der Drehbuch-Autoren der Fernseh-Serie gewesen sind. Wie konsequent und frühzeitig sie die alte Frau aus der Geschichte geworfen haben, finde ich schon bemerkenswert. Dafür ist jetzt eine junge Computer-Hackerin mit im Heldenteam, die es in den Büchern gar nicht gab. Auch über diese Drehbuch-Entscheidung kann man trefflich philosophieren.