Die drei Artikel zur Psychologie der Romanfiguren finden sich in erweiterter Form in meinem Schreibratgeber:

„Wirkungsorientiertes Schreiben“

 

Jeder Autor – egal wie gut er sein Schreibhandwerk auch beherrschen mag – muss vor allem eines sein: ein guter Psychologe. Hat er kein Gespür dafür, was die Menschen antreibt, welche Macht ihre Ängste und Überzeugungen über ihr Fühlen, Denken und Handeln haben, warum sie sich manchmal auf eine schon fast absurde Weise irrational verhalten und diese Irrationalität im Koordinatensystem ihrer Persönlichkeit dennoch zugleich absolut folgerichtig und sinnhaft sein kann, dann wird er niemals eine gute Geschichte schreiben können, denn die eigentliche Grundlage jeder Geschichte sind ihre Figuren. Viele Bücher über das Schreiben, die sich mit der Wahl einer funktionierenden Prämisse, einem spannenden und konflikthaften Handlungsaufbau und anderen Dingen beschäftigen, sind letztlich nichts anderes als psychologische Ratgeber, um fiktive Menschen im Rahmen einer erfundenen Geschichte in der Phantasie der Leser glaubhaft zum Leben erwachen zu lassen.

An dieser Stelle möchte ich mich mit psychologischen Themen befassen, von denen ich ebenfalls denke, dass sie für die Konzeption glaubwürdiger Figuren und ihre Darstellung in so zentralen Bereichen wie Dialogen, der Gestaltung von Szenen u.a. von Bedeutung sind. Auch wenn bereits so viel – und so viel Gutes – über die Konzeption von Romanfiguren geschrieben worden ist, dass man kaum noch etwas wirklich Neues hinzufügen kann, hoffe ich, dass meine Gedanken dennoch für den einen oder anderen beim Schreiben seiner eigenen Geschichten hilfreich sind.

04.07.2015 um 09:11 von Susanne Gavénis
Kategorie: Einleitung